![IRL Kommunikationsmanagerinnen Ruth Meißner und Elena Weber während der Planung des IRL Events. Foto: ZIMT]()
IRL Kommunikationsmanagerinnen Ruth Meißner und Elena Weber während der Planung des IRL Events. Foto: ZIMT
Am 03. September 2015 veranstaltete das Zentralinstitut für Medizintechnik (ZIMT) die Innovation Research Lab Exhibition, in welcher 36 internationale Teams ihre Projekte vorstellten. Ein Treffen mit Sultan Haider, Johannes Kiesel und Ruth Meißner zeigte, dass es dabei um mehr als „nur“ innovative Ideen und Projekte geht.
Ich finde mich im Innovation Think Tank von Siemens Healthcare GmbH ein und auf den ersten Blick wird mir auch klar, warum es „Think Tank“ heißt – ein riesiges Areal mit zahlreichen Gebäuden, durch dessen Fenster man bereits einen kurzen Blick auf die kreativen Köpfe von morgen werfen kann, während sie an Prototypen arbeiten und am Computer programmieren. Ich werde in das Forschungslabor geführt, in dem Sultan Haider mich erwartet, Gründer und Direktor des Innovation Research Lab. Er zeigt mir die Einrichtung, verschiedene Modelle, stellt mir Studenten und ihre Arbeiten vor und erzählt mir von seiner Vision. Der Raum ist nicht sehr groß, bietet aber dennoch genug Platz für alle Mitarbeiter, die konzentriert in ihrer Arbeit versunken sind, hin und wieder aufstehen um sich mit den Kollegen auszutauschen und wieder weiterarbeiten. Die Wände sind verhangen mit Grafiken, Mind Maps und Tabellen, Modelle und Prototypen reihen sich aneinander und ich bin mir sofort sicher, dass hier an der Zukunft gebastelt wird.
„Jetzt ist es an der Zeit, verschiedene Fachrichtungen zusammenzubringen.“
Das Innovation Research Lab soll allen Studenten und Firmen die Möglichkeit bieten, sich gemeinsam in einer kreativen Umgebung weiterentwickeln zu können. Wir leben heute in einer technisch geprägten Welt, die aber ohne einen Austausch verschiedener Gedanken und Ideen nicht bestehen kann. Sultan Haider sieht darin die besten Möglichkeiten: „Jetzt ist es an der Zeit, verschiedene Fachrichtungen zusammenzubringen.“ Dabei sind aber nicht nur die technischen Studiengänge gefragt: „Wir haben diverse Themen und Projekte, wo Philosophen und Pädagogen ebenso zu Rate gezogen werden sollten, wie Maschinenbauer und Produktdesigner.“ Noch sei keine Lösung gefunden worden, die alle Ressourcen zusammenbringt und der beste Weg ist es, ein Netzwerk aus sämtlichen Studien- und Fachrichtungen zu bilden, um ein breites Spektrum abzudecken. Ein zentraler Aspekt der ganzen Unternehmung ist der interdisziplinäre Charakter. Studenten sollen über ihre eigenen Grenzen hinausblicken und agieren. „Viele denken, Elektrotechniker besäßen nur diese Kompetenzen, aber vielleicht gibt es einen, der auch ein Künstler ist, aber danach fragt niemand, weil das auf den ersten Blick nicht in sein Profil passt.“, so Sultan Haider.
Es geht in erster Linie um den Prozess an sich
![Sultan Haider und Johannes Kiesel mit Prof. Burak Acar. Foto: ZIMT]()
Sultan Haider und Johannes Kiesel mit Prof. Burak Acar. Foto: ZIMT
Johannes Kiesel vom Zentralinstitut für Angewandte Ethik und Wissenschaftskommunikation (ZIEW), der an der Gründung des Innovation Research Lab beteiligt war und an der FAU für die allgemeinen Schlüsselqualifikationen zuständig ist, steht von Beginn an hinter der Idee, dass die Probleme der Welt nur durch den Input aus den verschiedensten Disziplinen angegangen und gelöst werden können. Deswegen erarbeiteten sie gemeinsam Veranstaltungen, die von allen Fachrichtungen der FAU besucht werden können. Da gibt es zum einen das Innovation Management, in der unter anderem Grundlagen des Innovationsmanagements vermittelt werden, interkulturelle und interdisziplinäre Teamarbeit, Ideenfindung und Konzepterstellung betrieben wird. Außerdem gibt es noch ein Seminar zum Thema Innovation Leadership, das die Entwicklung eines eigenen Führungsstils und praktische Erfahrungen im Projektmanagement, Produktdesign und Geschäftsmodellierung vermittelt. Beide Veranstaltungen arbeiten aktiv in Teams, damit so viel Praxiserfahrung wie möglich daraus gezogen werden kann. Das „Team“ ist neben der „Interdisziplinarität“ das zweite wichtige Stichwort. Sultan Haider sieht in dem durchgeplanten Studium ein Problem, denn das baut in den meisten Studiengängen auf selbständiges Arbeiten auf. In der Regel schreibt jeder Student alleine an seiner Bachelor- und Masterarbeit, arbeitet eventuell während des ganzen Studiums die meiste Zeit allein. Sobald man aber in den Beruf einsteigt, ist Teamfähigkeit gefordert. Das Ziel des Innovation Research Lab ist es, Zusammenarbeit zu fördern und zu aktivieren. In diesem Zuge wird auch das Präsentieren von Projekten und Ergebnissen gelernt. Dabei ist es sehr wünschenswert Studenten anderer Fakultäten zu involvieren: „Uns liegt es sehr am Herzen auch den Geisteswissenschaftlern, die eher technikfern ausgebildet werden, ihre Scheu zu nehmen.“, so Johannes Kiesel. „Der Name des Programms soll auf keinen Fall abschrecken. Innovation bedeutet nicht immer, dass ein technisches Produkt entwickelt werden soll. Es kann auch eine Innovation im Sales- oder Marketingbereich sein. Es geht uns in erster Linie nicht um ein fertiges Objekt, sondern um den Prozess an sich.“
Während der Projektarbeit stehen Experten aus Firmen und Professoren der FAU beratend zur Seite. Dabei werden Kontakte geknüpft, die zu Praktika, Fellowships und Tätigkeiten als Werkstudent verhelfen können. Am Ende der Arbeit steht die jährliche Innovation Research Lab Exhibition, die alle Projekte und Ergebnisse vorstellt. Es findet eine Abstimmung statt, in der die drei besten Arbeiten ausgezeichnet werden. Doch es geht nicht allein um das Gewinnen eines Wettbewerbs: wie der Name schon sagt, ist es eine „Ausstellung“, in der die Leistung aller Teilnehmer gewürdigt werden soll.
Nicht alles muss technisch realisierbar sein
![Studenten arbeiten an Prototypen. Foto: ZIMT]()
Studenten arbeiten an Prototypen. Foto: ZIMT
Wie kann man sich nun am Innovation Research Lab einbringen? Fachfremde können die Veranstaltungen zum Innovation Management und Innovation Leadership als Schlüsselqualifikation besuchen, die für Bachelorstudenten mit 5 ECTS Punkten belohnt wird und Masterstudenten erhalten ein Zertifikat. Ein Masterstudiengang im Sinne eines „Applied Innovation Management“ mit Blick auf Firmengründung ist bereits in Planung. Ruth Meißner, Studentin der Medizintechnik im fünften Semester, ist von Beginn an dabei und als Communication Manager tätig. Ihre Arbeit für das IRL hat dabei wenig mit ihrem eigenen Studiengang zu tun, sondern sie ist für den Pressebereich, E-Mail-Verkehr und die Homepage zuständig. Auch sie ist davon überzeugt, dass der Austausch verschiedener Fachrichtungen enorm zur technischen und persönlichen Entwicklung beiträgt: „Als Student der Philosophischen Fakultät meint man vielleicht, dass man hier nichts beitragen kann, weil man keine Ahnung von Technik hat, aber gerade das ist die falsche Herangehensweise. Man hat keine Blockade im Kopf, dass alles unbedingt technisch realisierbar sein muss. Wenn man nun aber nicht weiß, was es für Möglichkeiten gibt, kann man viel freier über Lösungen nachdenken und andere können sich wiederum Gedanken über die Umsetzung machen.“, so Ruth Meißner. Man lernt dabei, wie man mit Menschen zusammenarbeitet, die eine andere Denk- und Arbeitsweise haben. Johannes Kiesel fügt noch hinzu, dass fachspezifisches Wissen nicht unbedingt erforderlich ist, denn am meisten zählt Handlungsfähigkeit. So sieht das auch Sultan Haider: „Wenn man sich hier einbringen möchte zählen zwei Faktoren: Interesse und Fähigkeit. Interesse kann man nicht entwickeln, das muss vorhanden sein. Fähigkeiten können hingegen weiterentwickelt werden.“ Hierbei ist eine kreative Umgebung erforderlich, die das Innovation Research Lab zur Verfügung stellt. Für eine funktionierende und innovative Gesellschaft braucht es nicht nur Führungspersönlichkeiten eines Fachs, sondern auch andere Leute, die die bestehenden Ressourcen und Kräfte verteilen können.
Das Innovation Research Lab ist die beste Möglichkeit für all jene Studenten, die sich über die Grenzen ihres Studiums hinaus engagieren wollen und tragen damit automatisch dazu bei, dass sich die eigene Universität innerhalb ihrer zahlreichen Disziplinen enger verknüpfen kann.
Christine Hetterle