Zehn junge Menschen haben am 15. Dezember 2016 gemeinsam ein Theaterstück aufgeführt. Sie sind großgeworden in verschiedenen Ländern, sprechen verschiedene Sprachen, entstammen verschiedenen Kulturen. Doch dies verbindet sie alle: Sie leben im Raum Erlangen und hatten mit ihrem Theaterprojekt ein gemeinsames Ziel vor Augen. Die zehn jungen Menschen, das sind Geflüchtete und Studierende der FAU. Im Pacelli-Haus in Erlangen haben sie Großartiges auf die Beine gestellt. „Shared Stories – Shared Lives“ nannte sich ihr Projekt, bei dem sie selbst erarbeitete Sketche aufführten, um den Alltag der Geflüchteten in Deutschland zu thematisieren. Beatrice Müller, Masterstudentin der Soziologie, Mitbegründerin und Referentin des Referats der Stuve gegen Diskriminierung und Rassismus (AntiDisRa), leitete die Gruppe an und berichtet nun in einem Nachgespräch über einen außergewöhnlichen Theaterabend.
Beatrice Müller, konnten Sie Ihr Projekt gemeinsam mit den jungen Geflüchteten und Studierenden erfolgreich über die Bühne bringen?
Beatrice: Der Theaterabend hat meine Erwartungen mehr als übertroffen. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass wir an dem Abend einen „Ansturm“ von über 100 Besuchern verzeichnen würden und das Theaterstück Studierende wie auch viele Nicht-Studierende ansprechen würde.
Wie hat das Publikum auf die Sketche reagiert – eher amüsiert oder nachdenklich?
Beatrice: Die Sketche haben durchwegs viele Lacher an den richtigen Stellen erhalten (lacht) – es ist einfach witzig, wenn ein gebürtiger Syrer einen fränkischen Busfahrer mimt. Die anschließende Rede über Aatefs Flucht und die damit verbundene Diskussion über das Thema „Geflüchtete in Deutschland“ haben uns alle ein wenig nachdenklicher werden lassen und uns noch einmal präsent werden lassen, dass wir das Theaterprojekt nicht nur aus Spaß initiiert haben.
Und worum ging es bei den selbst ausgedachten Sketchen?
Beatrice: Es gab viele verschiedene Sketche, aber alle hatten das Ziel, die kulturellen Unterschiede und Gegebenheiten aufzuzeigen, die eine gemeinsam Kommunikation zwischen den Kulturen manchmal erschweren. Sei es beim „Ramadan“-Sketch die Frage, um wie viel Uhr man in Deutschland normalerweise zu Abend isst oder beim „Bürokraten“-Sketch die Frage nach dem richtigen „Fahrplan“, um im deutschen Bürokratendschungel nicht unterzugehen.
Beatrice, wie haben Sie es geschafft, Geflüchtete für Ihr Theaterprojekt zu gewinnen?
Beatrice: Da wir im vergangenen Jahr schon ein Sprachtandem-Projekt für Geflüchtete organisiert hatten, bestand da schon zu einem Teil Kontakt zu den Jungs. Die anderen Kontakte wurden mithilfe des FAU Integra geknüpft.
Aus welchen Herkunftsländern kamen die Teilnehmer?
Beatrice: Die Schauspieler stammen alle aus Syrien.
Wie haben Sie bei den Studierenden der FAU für die Teilnahme an einem solch außergewöhnlichen Projekt geworben?
Beatrice: Wir haben primär die Kanäle der Studierendenvertretung genutzt und Werbung für unsere Gruppe gemacht. Das Referat gegen Diskriminierung und Rassismus sucht im Übrigen nicht nur für konkrete Projekte interessierte Studierende, sondern versteht sich viel mehr als eine kleine Gruppe an Menschen, bei der jede/r in einer gemütlichen Runde ihre/seine Ideen einbringen kann. Wir freuen uns immer über neugierige Studierende.
Was hat Ihnen an der Arbeit zusammen mit Geflüchteten und Studierenden der FAU am meisten gefallen?
Beatrice: Am meisten hat mir gefallen, von Probe zu Probe festzustellen, dass unsere unterschiedlichen Perspektiven auf das Theaterstück eigentlich ganz ähnliche Fragen und Antworten hervorrufen. Hierbei habe ich selbst ein Stück weit gelernt, dass „kulturelle Unterschiede“ zwar als Erstes eine Herausforderung darstellen, aber letztendlich nur den Horizont erweitern können.
Vielen Dank für das Gespräch, Beatrice!