
Die Türkei ist eines der schönsten Länder Europas und war bis vor wenigen Jahren ein beliebtes Ziel für Auslandssemester. Foto: Magdalena Kaiser
Am Sonntag, den 16. April, war es soweit. „Evet“ oder „Hayr“ standen in Hinblick auf das geplante Referendum zur Auswahl. Also „Ja“ oder „Nein“ zu mehr Macht für den Präsidenten Erdogan. 51% der Bürger stimmten mit Ja. Die innenpolitische Situation in der Türkei wird dadurch noch angespannter als sie es sowieso schon war. Sollte man in Zeiten wie diesen tatsächlich einen Auslandsaufenthalt dort planen? Viele Gründe sprechen dagegen, aber nun mal auch einige dafür. Wir haben uns mit Doktor Brigitte Perlick vom Referat für Internationale Angelegenheiten über die Thematik unterhalten.
Raten Sie Studierenden von einer Auslandserfahrung in der Türkei ab?
Brigitte Perlick: Wir würden niemanden daran hindern, einen Aufenthalt in der Türkei durchzuführen. Wir ermuntern dazu aber auch nicht explizit. Die Zahl der Interessierten ist tatsächlich zurückgegangen – jedoch nicht ganz zum Erliegen gekommen.
Welche Faktoren beeinflussen die Wahl der Studierenden bei der Wahl des Ortes im Ausland?
Brigitte Perlick: Bei der Wahl eines Austauschziels spielen viele verschiedene Gründe eine Rolle, so dass man keine allgemeinen Aussagen treffen kann. Einfluss haben die Lage des Zielortes, das Gefährdungspotential in der Region, familiäre Bindungen an den Ort, unterstützende Netzwerke vor Ort, Vorerfahrungen durch frühere Aufenthalte, das geplante Vorhaben, politische Aussagen der jeweiligen Hochschule oder die eigene politische Grundhaltung der Studierenden.
Wie sieht es nun speziell im Falle der Türkei aus?
Brigitte Perlick:Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Studierende sich ganz bewusst für die Türkei entscheiden. Dass kann auf die bereits genannten Einflussfaktoren zurückzuführen sein. Wichtig ist, sich vorab genauestens vorzubereiten und zu informieren. Sprachkurse, interkultureller Austausch und Länderkunde sind notwendig, wenn man einen Austausch plant.

„Wir würden niemanden daran hindern, einen Aufenthalt in der Türkei durchzuführen. Wir ermuntern dazu aber auch nicht explizit.“ Foto: Magdalena Kaiser
Das Referat für Internationale Angelegenheiten orientiert sich unter anderem an Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes. Wer also einen Aufenthalt in plant, sollte vorab einen Blick auf die aktuellen Meldungen werfen. Seit dem Putschversuch im Juli 2016 steht das Land im Ausnahmezustand. Dadurch kann es zu Protesten, Personenkontrollen und Ausgangssperren kommen. Das Auswärtige Amt empfiehlt zudem, politische Versammlungen zu meiden. Das klingt erstmal sehr bedrohlich, doch Doktor Perlick erklärt, warum sich Menschen trotzdem für einen Auslandsaufenthalt entscheiden: „Wer für das Studium oder ein Praktikum in die Türkei reist, entscheidet sich meist ganz spezifisch und bewusst für dieses Land.“
Prinzipiell agiert das Referat für Internationale Angelegenheiten fallbezogen. Die Gründe und Argumente für einen Studenten, in ein bestimmtes Land reisen zu wollen, sind vielfältig und müssen einzeln betrachtet werden. Letztendlich liegt die Entscheidung bei den Studenten selbst. Die Türkei ist ein wunderschönes, kulturell interessantes und einzigartiges Land, das wohl immer eine Reise wert wäre. Zumal der interkulturelle Dialog speziell in schwierigen Zeiten niemals zum Erliegen kommen darf. Spätere Arbeitgeber könnten die Entscheidung für einen Auslandsaufenthalt in einem politisch angespannten Land als mutig und deswegen durchweg positiv bewerten.